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Gestaltungen - Wohnungsunternehmen

100 Mio. € Immobilienvermögen steuerfrei übertragen?!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Immobilien im Privatvermögen sind grundsätzlich nicht begünstigtes Vermögen. Sie unterliegen damit als Verwaltungsvermögen - abzüglich etwaiger Freibeträge - in voller Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Ein hohes Immobilienvermögen von beispielsweise 100 Mio. € kann damit mit bis zu 50% besteuert werden!

In einem aktuellen Urteil hat sich das FG Münster allerdings eine Hintertür offengelassen, wie ein hohes Immobilienvermögen von der Erbschaftsteuer verschont werden kann.

Unter welchen Voraussetzungen ist das möglich? Welche Nachteile bringt diese Gestaltung mit sich und lohnt sich das für Sie im Ergebnis?

Diese Themen habe ich in einem aktuellen Youtube-Video besprochen.

Ich freue mich auf Ihr Interesse!

I. Urteil des FG Münster v. 25.06.2020 - 3 K 13/20 F

Das FG Münster hat sich kürzlich mit der Abgrenzung zwischen Privatvermögensverwaltung und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb bei der Vermietung von Immobilien beschäftigt und dabei auch die Voraussetzungen behandelt, unter denen ein Wohnungsunternehmen vorliegen kann.

Die Klägerin war eine gewerblich geprägte GmbH & Co. KG (KG) mit 40 Eigentumswohnungen im Bestand, die allesamt vermietet waren. Die Erblasserin war alleinige Kommanditistin. Nach ihrem Tod wurde jeweils die Hälfte der Kommanditanteile an ihre beiden Söhne übertragen.

Fraglich war, inwiefern diese Übertragungen der Erbschaftsteuer unterliegen. Die Finanzverwaltung sah in dem Immobilienvermögen nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen und setzte eine entsprechende Erbschaftbesteuerung an. Das FG Münster schloss sich dieser Argumentation an. Eine erbschaftsteuerliche Befreiung sei demnach nur bei Wohnungsunternehmen möglich. Auf die Anzahl oder den Wert der Immobilien käme es hierbei nicht an.

II. Steuerfreie Übertragung eines Wohnungsunternehmens

1. Was ist ein "Wohnungsunternehmen"?

Ein Unternehmen, das neben dem bloßen Zurverfügungstellen der Immobilien auch weitere Zusatzleistungen anbietet, kann unter den Begriff “Wohnungsunternehmen” fallen. Die Leistungen müssen hierfür mietvertraglich geregelt und von der eigentlichen Vermietung untrennbar sein. Hierzu gehören z.B. Jugendherbergen oder Bed & Breakfasts.

Weitere Beispiele für Zusatzleistungen sind die Vermietung bereits möblierter Wohnungen, die Durchführung von Reinigungsdienstleistungen, ein Concierge-Service oder auch die Bereitstellung von Diensten einer Hausverwaltung.

2. Wann liegt gerade kein Wohnungsunternehmen vor?

Das FG Münster hat demgegenüber aber auch Leistungen angeführt, die gerade nicht dazu führen, dass ein Wohnungsunternehmen vorliegt. Hierzu gehören z.B.:

- die Erstellung der Mietverträge durch eigene Angestellte, - das Einstellen von Mietinseraten in Zeitungen und Internetportalen, - die Übergabe von Wohnungen bei Ein- und Auszug, - der Einzug von Mietzahlungen und die Kontrolle der Zahlungseingänge, - die Durchführung von Wartungsarbeiten an den Vermietungsobjekten oder auch - die Koordinierung etwaiger Instandhaltungsarbeiten.

3. Wie kann ein Wohnungsunternehmen steuerfrei übertragen werden?

Bei der erbschaftsteuerlichen Privilegierung eines Wohnungsunternehmens gibt es zwei Varianten: die 85-prozentige oder die vollständige, 100-prozentige Verschonung. 85% sind im Fall eines Wohnungsunternehmens regelmäßig möglich, eine 100% Verschonung jedoch nur speziell auf Antrag.

Der Übernehmer müsste in diesen Fällen das Unternehmen (sowie grundsätzlich auch die Mitarbeiter) jedenfalls 5 oder 7 Jahre lang halten, um die Steuerbegünstigung zu erhalten. Andernfalls würde sie nachträglich entfallen.

4. Welche ertragsteuerlichen Nachteile hat diese Gestaltung?

Ein Wohnungsunternehmen gilt ertragsteuerlich als Betriebsvermögen und unterliegt daher - im Gegensatz zum Privatvermögen - auch der Gewerbesteuer. Dazu können Immobilien auch nach Ablauf der zehnjährigen Spekulationsfrist des § 23 EStG nicht steuerfrei verkauft werden. § 23 EStG gilt nur für private Veräußerungsgeschäfte.

Vor allem an dieser Stelle ist im konkreten Einzelfall eine Rechtsberatung zu empfehlen, um die Vor- und Nachteile der Gestaltung miteinander abzuwägen und eine für Sie nachteilige Besteuerung zu vermeiden!

III. Fazit

Ich hoffe, mit dieser Übersicht und dem dazugehörigen Video Ihr Interesse geweckt und Ihnen einen unterhaltsamen, aber dennoch auch inhaltlich einträglichen Wegweiser durch die erbschaftsteuerliche Behandlung von Immobilien zur Verfügung gestellt zu haben.

Kontaktieren Sie mich bei Fragen gerne telefonisch, per Mail an weidmann@weidmann-recht-steuern.de oder auch über LinkedIn.

Ich antworte Ihnen zeitnah und dieser Vorgang ist für Sie kostenlos.

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Bis dahin wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg und verbleibe

mit herzlichen Grüßen

Matthias Weidmann

Rechtsanwalt, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht,

Diplom-Kaufmann, Master of Laws (LL.M.)


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